Heu hat nicht mehr viel mit Wiese gemein ...
Das Gras wird zur Heugewinnung mit Maschinen gemäht, dabei werden die Halme an der Schnittkante oft, weil die Schneider nicht scharf genug sind und mit der Zeit stumpf werden, regelrecht zermatscht und nicht glatt geschnitten, wie es mit einer ständig geschärften Sense gehen würde, wie man es früher machte.
Dieses an der Schnittkante angematschte Gras wird dann auf der Wiese ein paar Tage liegengelassen, machmal wird es wenigstens noch nachts geschwadet, das heißt, auf so eine Art lange Häufchen aufgehäufelt und über Tag, wenn die Sonne wieder zum Trocknen da ist, gezettet, also ausgebreitet, damit es besser trocknen kann. Meist wird sich aber das nächtliche Schwaden gespart ... das auf der Wiese ausgebreitete Heu wird also vom Boden und vom Morgentau ordentlich durchfeuchtet. Da fühlen sich jede Menge Mikroorganismen wohl die sich nun anfangen den Bauch vollzuschlagen und die wertvollen Nährstoffe aus dem Heu aufzufuttern. Dafür produzieren sie teils gefährliche Bakteriengifte. Auch Schimmelpilze gesellen sich dazu und fühlen sich genauso wohl ...
Tagsüber wird das Heu mehrmals gewendet - wenn es fast trocken genug für die Ballenpresse ist, brechen dabei die nahrhaften Blattspitzen ab, über bleiben nur die wertlosen Stengel und groben Blätter ... das, wovon ein Chinchilla gar nicht mehr leben kann, weil da zuwenig Nährstoffe drin sind. Das Sonnenlicht zerstört zudem Chlorophylle, Carotinoide (die brauchen die Chinchillas, um daraus Vitamin A herzustellen) und viele empfindliche, aber dennoch wichtige sekundäre Pflanzenstoffe. Die wertvollen Blattspitzen dagegen fallen auf den Boden und zersetzen sich zu Dünger.
Wenn das Heu dann endlich zu Ballen gepreßt wird, sind die meisten Nährstoffe schon längt aufgefuttert oder mit den Blattspitzen auf den Boden gefallen, das, was nun noch an Nährstoffen über ist, wird weiterhin von Bakterien und Schimmelpilzen aufgefuttert - das Heu gärt also im Ballen noch weiter ... und dabei werden hochgiftige Stoffe frei.
Das Heu muß nun solange lagern, bis endlich diese hochgiftigen Stoffe abgebaut sind, das ist nach frühestens 6 Wochen der Fall, meist bleibt der Ballen deutlich länger liegen, bevor er verfüttert wird - sicher ist sicher.
Bis dahin besteht das Heu zu 30% aus für Chinchillas absolut nutzlosen Ballaststoffen! Sie können davon noch ein wenig Cellulose aufspalten und nutzen, aber das wars schon fast. An Nährstoffen oder wichtigen sekundären Pflanzenstoffen ist da nix mehr drin! Das Heu ist kein Futter mehr, es ist nur noch ... äh ... fast reine Pflanzenfaser ...
In getrockneten Gräsern und Kräutern, wie man sie in den Tiershops neuerdings bekommt, sind die Nährstoffe größtenteils noch erhalten - auch wenn diese Gräser (Grünhafer und Bambus beispielsweise) und die Kräuter oft mit "Heißluft schonend getrocknet" wurden - was allerdings meist nix anderes heißt, daß sie auf ne Tenne gepackt wurden, Dieselgenerator drunter und dann mit Heißluft aus dem Dieselgenerator getrocknet sind - hochbelastet mit Dieselrückständen, aber immerhin, sie sind sehr nährstoffreich und enthalten noch die meisten für Chinchillas wichtigen sekundären Pflanzenstoffe.
Es gibt ein paar Läden, die auf Qualität achten, wo die Kräuter nicht "schonend mit Heißluft" getrocknet wurden, sondern vielmehr in warmen, trockenen Räumen trocknen konnten. Manchmal ist das sogar Bioqualität - hier lohnt es sich, mehr Geld auszugeben, weil diese Gräser und Kräuter kaum belastet sind und dennoch den vollen Nährstoffgehalt und fast alle sekundären Pflanzenstoffe enthalten.
Heu ist also die schlechteste Wahl für Chinchillas ... getrocknete Gräser und Kräuter sind da viel besser - und das wissen die Chins und werden das Heu liegenlassen.
Wenn du dir dein Heu selbst trocknest, indem du einfach im Sommer im Juno/Julei Wiese rupfst oder senst und das dann bei dir an einem trockenen, luftigen Ort in dünner Schicht auf Zeitungspapier oder auf einem Zimmerreuter trocknest, wirst du feststellen, daß die Chins dieses Heu sogar sehr, sehr gerne futtern - teilweise sogar lieber, wie die gekauften Kräuter und Gräser.
Die Pellets sind für Chins ungesund, das wissen sie auch - sie bekommen schließlich das Bauchgrimmen davon, nicht wir ... wenn sie also über dein übriges Angebot alle Nährstoffe, die sie brauchen, bekommen, lassen sie die Pellets einfach liegen - die futtern sie nur noch dann, wenn da Nährstoffe drin sind, die nicht genügend im übrigen Angebot sind. Einige Chins stellen von einem Tag auf den Andern von PHW auf Kräuter, Blüten, Blätter und Co um ... das ist normal und richtig so, da kannst du dich voll auf deine Chins verlassen!
Die frischen Äste, Blätter und Blüten, also Wiese, Wegrand und Gehölz, sollten möglichst vor Gemüse/Salat und Obst angeboten werden, weil das meist die Pflanzen sind, die verträglicher sind. Gerade jetzt im Winter, das heißt, wenn der Schnee nicht zu hoch liegt, kannst du Schlehen (erkennst du an den dunkelblauen, fast schwarzen Früchten und den Zweigen, die zu Dornen umgewandelt sind) und Wildrosen (erkennst du an den Stacheln und den roten Hagebutten) schneiden, weiterhin bietet die Natur Brombeerranken samt der teils immer noch grünen Blätter, Tannenzweige, Fichtenzweige und Kiefernzweige.
Wenn du in der Stadt wohnst, findest du auf schneefreien Brachflächen auch noch einige Kräuter: Vogelmiere, Nelkenwurz, Ampferarten, Breit- und Spitzwegerich, Erdbeerblätter, Löwenzahn, Schafgarbe, Fingerkräuter, Gundermann, Bunt- und Taubnesseln, ein paar Gräser und Laucharten. Man muß nur aufmerksam nach schauen.
Auf Wiesen findet sich oft zusätzlich auch Mädesüß und kleiner Wiesenknopf.
Wirklich giftige Pflanzen wirst du im Winter nicht finden - bis auf die Eibe! Die solltest du dir mit ihren Merkmalen gut einprägen, um sie nicht mit Tanne, Fichte und Kiefer verwechselst. Erst Ende Februar/Anfang März fängt auch der gefleckte Schierling an zu wachsen, den findest du an Wegrändern und auf Wiesen - und der sollte genauso wenig verfüttert werden, wie Eibe! Also ab Ende Februar mußt du dann ein wenig aufpassen ...
An Gemüse eignet sich als erstes Frischfutter Basilikum, Chicoree, Feldsalat ... oder du kaufst dir Kallisien (sind meist im Handel unter dem Namen Golliwoog oder anderen markengeschützten Phantasienamen) und Grünlilien, auch die sind durchaus geeignet.
Ölsaaten sollten ruhig täglich im Angebot sein ... zwar nicht viel, aber so, daß sich die Chins halt täglich bedienen können. Sie sind nicht nur Kraftfutter, sondern enthalten auch ungesättigte Fettsäuren. Ab und an Nüsse oder Mandeln ist auch ok. Einige Chins brauchen auch Mehlsaaten, hier bieten sich Paddyreis an (bekommst du im Vogelfutterhandel).