Die Studie untersuchte am Meerschweinchen die Auswirkungen des Domestikationsprozesses auf Verhalten sowie endokrine Anpassungsreaktionen. Haus- (Cavia aperea f. porcellus) und Wildmeerschweinchen (Cavia aparea) wurden dazu vergleichend untersucht. In 120 Stunden Beobachtungszeit wurde das Verhalten von 7 Haus- und 5 Wildmeerschweinchengruppen, jeweils bestehend aus einem adulten Männchen und 2 adulten Weibchen quantitativ erfaßt. Um die Reaktivität des HyPophysen-Nebennierenrinden(HNNR-)- und des SymDathikus-Nebennierenmark(SNNM)-Systems zu charakterisieren, wurden von den Männchen Cortisol-, Adrenalin und No adrenalinkonzentrationen im Serum bestimmt. Die domestizierten Tiere waren weniger aggressiv, zeigten mehr soziopositives Verhalten und schenkten ihrer Umgebung weniger Aufmerksamst als die Wildmeerschweinchen. Hausmeerschweinchenmännchen führten mehr Werbe- und Sexualverhalten aus als die Männchen der Wildform. Die endokrinen Anpassungsreaktionen unterschieden sich ebenfalls signifikant der Reaktivität des HNNR- und des SNNM- Systems war bei der Domestikalionsform deutlich reduziert. Damit hat beim Meerschweinchen der Domestikationsprozeß zu typischen Veränderungen im Verhalten geführt, die auch beim Verhalten von Wild- und Haustierform anderer Arten gefunden wurden. Die reduzierte Reaktivität des HNNR- und SNNM-Systems könnte als physiologischer Mechanismus angesehen werden, der es domestizierten Tieren erlaubt, sich an die vom Menschen geschaffenen Bedingungen anzupassen.
Künzl, Ch.: Auswirkungen der Domestikation auf Verhalten und endokrine Anpassungsreaktionen beim Meerschweinchen