Die Nebenniere ist eine kleine, lebenswichtige hormonelle Drüse. Paarig angelegt befindet sie sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Niere. Strukturell und funktionell läßt sich die Nebenniere in zwei Anteile untergliedern, das Mark und die Rinde. Während das sympathisch innervierte Mark mit den Katecholaminen Adrenalin und Noradrenalin die Anpassung des Organismus an kurzfristige Belastungszustände bewirkt, greift die Rinde mittels Steroidhormonen mittel- und langfristig in viele Körperfunktionen ein. Von außen nach innen besteht die Nebennierenrinde aus drei verschiedenen Zonen: Die Zona glomerulosa liegt unmittelbar unter der Organkapsel und bildet das Mineralocorticoid Aldosteron, das über die Regulation der Natrium- und Kaliumausscheidung in der Niere die Wasser- und Elektrolytbalance des Körpers und den Blutdruck beeinflußt. Die Zona fasciculata als breiteste Rindenschicht sezerniert unter ACTH-Einfluß Glucocorticoide, die mit ihrem Hauptvertreter, dem Cortisol, eine vielfältige Rolle z. B. im Stoffwechsel, Immungeschehen und Wachstum spielen. In der innersten Zellschicht, der Zona reticularis, werden Androgene und Östrogene gebildet. In Kultur wandeln sich die Zellen der Glomerulosa unter ACTH-Stimulation langfristig in Faszikulata-Zellen um, doch die funktionelle Differenzierung der Nebennierenrindenzellen in vivo ist noch immer ungeklärt.
Die antioxidativ wirksamen Vitamine C (Ascorbinsäure) und E (a-Tocopherol) sind in der Nebenniere außergewöhnlich hoch konzentriert. Während das wasserlösliche Vitamin C im Cytosol angereichert wird, kommt das fettlösliche Vitamin E überwiegend in den Membranen vor. Der Entdifferenzierungsprozeß von Glomerulosa-Zellen in Kultur, der sich durch Verlust der Aldosteron Synthesekapazität auszeichnet, kann durch Zugabe von Ascorbinsäure aufgehalten werden und wird durch Addition von Cortisol beschleunigt. Hornsby und Crivello (1983b) postulierten, daß Cortisol und andere Steroide als Pseudosubstrate an die Cytochrom P450-Enzyme gebunden werden, ohne selbst hydroxyliert zu werden. In nachfolgenden Blindzyklen kommt es zur Bildung reaktiver Sauerstoffradikale, die in der Umgebung zur Lipidperoxidation führen. Lipidperoxide und Sauerstoffradikale können wiederum Enzyme oxidativ zerstören. Staats und Colby (1987) fanden, daß sich die von außen nach innen zunehmende Konzentration an Lipidperoxiden in der Nebennierenrinde umgekehrt proportional zu der Vitamin-E-Konzentration verhält. Ob die antioxidative Wirkung der beiden Vitamine C und E auch in vivo eine Rolle bei der funktionellen Zonierung der Nebennierenrinde spielt, sollte diese Arbeit beim Meerschweinchen, das wie der Mensch auf die exogene Vitamin-C-Zufuhr angewiesen ist, klären.
Möbius, K.: Der Einfluß von Vitamin C und Vitamin E auf die Nebennierenrindenfunktion beim Meerschweinchen